(Ab hier verließ Esmil die Gruppe vorübergehend und war alleine unterwegs.)Die Leute guckten etwas belustigt, als sie den wie einen Packesel überladenen Ashurx durch die Gassen marschieren sahen. Bei jeden Schritt schnaufte und keuchte er schwer und versuchte die Gurte und Träger auf seinen Schulter zu halten.
Tatsächlich hat er alles gefunden, was er gesucht hatte. An einem Umhängegurt befanden sich sein neues Speer und ein Schwert samt Scheide. An einer Kordelkette um seinen Hals hing ein nigelnagelneuer Dolch zusammen mit dem alten von seinem Vater. In einem großem vollgestopften Rucksack am Rücken hatte er seine gesamte Garderobe reingestopft und ist nun für jedes Klima und Wetter gewappnet. Und zu guter Letzt zog er eine Holzkarre hinter sich her, auf dem sich die restlichen Sachen befanden, wie zum Beispiel Essen und Wasser, und alles was Esmil aus seinem alten Zuhause mitnehmen konnte. Alles war transportsicher in zwei große Tragebeutel aus Baumwolle zusammengepackt.
“
Ah! Yook, he!”, brüllte Esmil etwas verwundert, als er dachte den glibschigen rosa Scheißer plötzlich vor sich zu sehen. Wieso ist er denn nicht bei den anderen im Wirtshaus? Was macht er hier überhaupt? Er trägt plötzlich Klamotten und kehrt hier die Gasse. “
Ohh!!” Mit hüpfenden Füßen bremste er plötzlich ab, sodass sein sein Waffengurt von der Schulter rutschte und die Trägheit die Holzkarre gegen seinen Schwanzansatz fahren ließ. “
Ngh.. Drecksteil…”, fluchte er innerlich.
Der Algioner war gerade dabei vor seiner Haustüre zusammen zu kehren und war sichtlich überrascht, als plötzlich dieser bewaffnete Ashurx angelaufen kam. “
Haben Sie mich erschrocken! Machen Sie das nie wieder.” Es schnaufte und kehrte weiter vor seiner Haustüre.
“
Du-...?” Einige Sekunden lang stand Esmil paralysiert da und verstand die gesamte Welt nicht mehr. Sein Gegenüber trug eine klassische Händlerschürze und hatte im Gegensatz zu Yook etwas erwachsenes an sich. Waren es der Knochenbau und die Gesichtszüge? Auf jeden Fall war er ungefähr genauso groß wie der ihm schon bekannte Algioner. Doch eins wunderte dem Krokodil am meisten. “
Seit wann können Albinos sprechen?”, stammelte Esmil und guckte verdutzt zu dem Händler runter.
“
Wie bitte? Albino?”, der Rosane lächelte schief und lachte auch leise. “I
ch bin ein Algioner. Sieht man doch. Kommen Sie etwa nicht von hier?”
“
Doch.”, meinte der Ashurx daraufhin nur. “
Ich wohne eigentlich seit zwei Jahren hier. Ich war mir aber sicher, dass Algioner nicht sprechen können.”
“
Tja. Überraschung. Hehe!” Er lachte kurz und stellte den Besen zur Seite. “
Ich heiße Vosk. Ich bin einer von unzähligen Salz- und Fischhändler hier in Moonhaven. Und Sie? Ziehen Sie etwa um? Sie sind ja bis zum Hals voll beladen.”
Esmil räusperte und richtete sich seinen Gurt wieder anständig über die Schulter. “
Kann man so sagen. Ich und ein paar Kollegen reisen demnächst in den Norden nach… Borman, glaube ich. Unter den Leuten ist auch ein Algioner, aber der… naja… entweder ist er noch sehr jung, oder geistig hundserbärmlich behindert. Der beherrscht nämlich kein Wort der Händlersprache.”
“
Achso?” Vosk richtete sich seine Schürze. “
Also wenn er auf irgendeine Weise psychisch eingeschränkt wäre, würde er es nie auf’s Land schaffen. Das ist nämlich nicht ohne. Die Küsten von Moonhaven sind sehr felsig und rau. Ich schätze mal, dass er erst vor einigen Tagen oder Wochen aus dem Wasser kam und schlicht und ergreifend die Sprache noch lernen muss.”
Esmil nickte und musste widerwillig zustimmen. “
Hast Recht, joa. Weißt du irgendwas über Borman und die Strecke bis dorthin? Was gibt’s auf dem Weg zum Beispiel für Tiere zu jagen?” Ohne zu überlegen schüttelte der ältere Algioner den Kopf. “
Tut mir Leid. Ich kenn nur Moonhaven und die angrenzenden Meere. Das Reisen liegt mir nicht, verstehst du?”
“
Verstehe. Und…” Der Ashurx betrachtete den Algioner nochmal. Im Gegensatz zu Yook trug dieser Algioner Kleidung wie jeder andere auch. “
Unser Algioner hat noch keine Kleidung. Gibt es hier irgendwo einen Schneider, der so kleine Klamotten nähen kann?”
“
In der nächsten Hafenstadt im Osten gibt es einen. Hier leider nicht. Wobei es hier am Meer eh nicht so schlimm ist, wenn ein Algioner keine Kleider trägt. Wir arbeiten ja unter Wasser. Wir fangen Fische, sammeln Lehm und produzieren durch unsere Kiemen und unsere Haut Salz. Da ist Kleidung nur störend."
“
Was ein Jammer… Hm…” Esmil schaute unauffällig in beide Richtungen durch die Gasse. Es war außer sie keine Seele anwesend. Das Krokodil nahm tief Luft und schien sich auf was vorzubereiten. Er nahm sämtliches Gepäck, was er an sich trug, und legte es auf die Karre zu den anderen Sachen. “
Ist das dein Haus? Wer wohnt da alles drinne?”, fragte er und schlenderte sehr verdächtig zu einem Fenster, um rein zu gucken. “
Ähm, ja. Ich und meine Frau wohnen hier seit einigen Jahren. Später, wenn unsere Kinder alt genug sind, ziehen sie da ebenfalls mit rein. Ich…”
“
Ja, ja, ja…” Mit einer beunruhigenden Stimmlage unterbrach Esmil den Händler. “
Lass uns reingehen.” Ohne weiter Worte zu verlieren öffnete Esmil die Tür und spazierte einfach in das Haus hinein. “
Mein Herr, was tun Sie denn da? Das ist-...!”
Der Algioner versuchte ihn davon abzuhalten, in sein Haus einzudringen und lief ihm hinterher. Doch sobald er drinnen war, schmiss Esmil die Tür zu. Der Ashurx packte dem kleinen Algioner am Genick und drückte ihm die Dolchklinge drohend an den Hals. “
Hol deine Frau. Ich will all euer Geld und Schmuck. Und was ihr so zum Futtern im Haus habt!”
Esmil machte ernst und schlürfte den Händler am Boden entlang tiefer ins Haus. Im scheinbaren Wohnzimmer stand ebenfalls eine Algionerin und wunderte sich schon, was das für ein Lärm im Hausgang ist. Das Zimmer war liebevoll eingerichtet und man merkte, dass beide Ehepartner gut verdienten. “
Vosk? W-wer ist das? W-?” “
Bitte bleib sitzen! Alles wird gut! Tut mir Leid…!”
“
Schnauze!” Der Ashurx hob den Ehemann mühelos mit einem Arm am Genick hoch und rüttelte ihn wie ein nasses Handtuch durch, bevor er ihn seiner Frau vor die Füße warf. “I
ch will euer Geld, Schmuck und Fressen habe ich gesagt. Und Algionerkleidung! Zacki, zacki!! Und wehe einer von euch schreit um Hilfe, sonst fackel ich euch zusammen mit die Bude hier nieder!”
In dem Haus ging alles sehr schnell. Die Frau übergab Esmil ihre Schmuckschatulle und kämpfte hart mit den Tränen während der Mann das gesamte Bargeld und seine halbe Garderobe mit zitternden Händen hergab.
Der Ehemann bettelte. “
Wir haben Kinder. Bitte tu uns nichts…” Der Ashurx konnte dieses Gewinsel noch nicht ertragen und gab dem Algioner aus heiterem Himmel einen saftigen Fausthieb auf die rechte Wange. “
Halt den Rand, du kleines Baby! So läuft das bei uns am Land nunmal! Wenn’s euch nicht gefällt, verzieht euch wieder unter Wasser, ihre Fische!” Mit der Hand versuchte der algionische Händler die blutende Nase zu stoppen. “
Verlass bitte unser Haus…”
“
Hatte ich vor. Wenn ihr die Stadtwächter ruft, komme ich wieder und nehme euch zwei als Fleischvorrat mit nach Borman. Klar?”
“
...” Vosk blutete weiterhin und zitterte am ganzen Körper. Er saß wie gelähmt am Boden und hielt sich die Nase. “
Klar?! Ja oder Nein?!”, Esmil trat den eh schon am Boden liegenden mit seinem gesamten Körpergewicht in den Magen. “
Ja! …A-a-alles klar…!”, wimmerte er und hielt sich schützend die zweite Hand vor das Gesicht.
Der Händler dachte in dem Augenblick, dass er sterben musste, doch er hatte Glück. Esmil flüchtete genauso schnell aus dem Haus, wie er eben eingedrungen war. Das ganze Spektakel hat insgesamt keine Minute gedauert. Das Diebesgut versteckte er unter den Säcken in seiner Karre und flüchtete in Sauseschritt weiter zum Wirtshaus. Er hatte nicht mal Zeit gehabt das Geld zu zählen oder die Kleidung zu inspizieren. Er musste sich mit Pantelis und den anderen treffen.